Durch Leichtbau brauchen Autos und Flugzeuge weniger Treibstoff, werden Windräder leistungsstärker und wird das Bauen ressourcenschonender. Über den Lebenszyklus von Produkten betrachtet führt Leichtbau signifikant zur Verringerung des CO2-Ausstoßes und unterstützt so das Erreichen der nationalen und internationalen Nachhaltigkeitsziele. Die 21 Mitglieder der 2014 gegründeten Initiative setzen sich branchen- und materialübergreifend für leistbaren, nachhaltigen und intelligenten Leichtbau ein.
Die explodierenden Material- und Energiepreise der vergangenen Jahre führen deutlich vor Augen, wie wichtig Leichtbaukompetenz für die Standort-Resilienz ist. Dies gilt auch abseits von Mobilitätsanwendungen, die zwar Treiber von Innovation, aber bei weitem nicht der einzige Anwendungsbereich für Leichtbau sind. Möglichst wenig an Primärmaterial einzusetzen hat im Hinblick auf CO2-Einsparung das größte Potenzial – so wird Leichtbau auch in Branchen wie der Logistik relevant. Hochregallager aus hochfesten Stählen brauchen weniger Material und sparen somit enorme Mengen an Energie und Kosten. Solche Beispiele gibt es viele, der Grundgedanke ist aber immer der gleiche: Intelligenter, leistbarer, nachhaltiger Leichtbau ist möglich und bringt handfeste Einsparungen, wenn er von Anfang an mitgedacht wird.
Die Nachfrage nach Leichtbautechnologie steigt daher kontinuierlich an – gleichzeitig auch die Anforderungen an heimische Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die dank ihres Know-hows weltweit gefragte Partner sind. Österreich als Hochtechnologiestandort hat hier die Chance, international Vorreiter zu sein. Eine große Stärke ist, dass von den Werkstoffen wie Metall, Kunststoff, Verbundmaterial, Holz bis zur Produktionstechnologie alle Kompetenzen im Land vorhanden sind – sowohl in der Forschung als auch in den Unternehmen. Dadurch sind die Wege kurz.
„Die FACC forscht seit Jahren intensiv an der Entwicklung neuer Leichtbaumethoden – insbesondere fokussieren wir uns auf die Entwicklung neuer Materialien und Prozesse. Im Fokus steht nicht nur, dass das Endprodukt möglichst leicht ist, sondern auch eine Betrachtung des Produktlebenszyklus. Dies bedeutet unter anderem weniger Energieeinsatz schon bei der Herstellung sowie eine gute Recyclefähigkeit am Ende des Zyklus. So ist es uns gelungen, einen ultraleichten Werkstoff zu entwickeln, der auf einem Harz aus Zuckerrohr basiert und an dem die Luftfahrt bereits großes Interesse zeigt,“ erläutert FACC CEO Robert Machtlinger den Stellenwert von Forschung und Entwicklung im Bereich Leichtbau. „Als einer der Technologieführer setzen wir auf eine enge Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und OEMs, um diesen Vorsprung in Zukunft noch weiter auszubauen.“
Höherfeste Stähle, Aluminium, Verbundwerkstoff – weniger Gewicht bedeutet geringeren Energieverbrauch. So weit, so klar. Dass aber auch in der Werkstoffstruktur ein gewaltiges Leichtbaupotenzial liegt, ist nicht so offensichtlich. Durch neue Fertigungsverfahren wie 3D-Druck können beispielsweise bionische Strukturen, die sich an der Natur orientieren, gebaut werden, die bei geringerem Gewicht – unabhängig vom Material – genauso stabil sind.
Ein Beispiel dafür kommt aus dem Hause Pankl: Motorsport-Fans kennen den „HALO“ genannten Bügel im Cockpit, der Rennfahrer:innen vor herumfliegenden Trümmerteilen schützt. Für die IndyCar-Rennserie baut Pankl den Titanrahmen für die Schutzscheibe im 3D-Druck-Verfahren.
„Das ist ein klassisches Beispiel für angewandten Leichtbau. Ein sogenanntes additives Fertigungsfahren ermöglicht eine hohe Flexibilität, schnelle Umsetzung und geringes Gewicht“, erklärt Pankl-CTO und A2LT-Plattformsprecher Stefan Seidel.
Pankl betreibt mit mehreren Partnern ein eigenes Kompetenzzentrum für Additive Fertigung.
Wie weit Leichtbau gehen kann und herkömmliche Denkweisen ersetzt, zeigt die Elektromobilität. Aktuell ist es noch so, dass Elektroautos deutlich mehr wiegen als vergleichbare Verbrenner. Doch Gewicht ist ein wesentliches Kriterium für die Effizienz und Reichweite der Fahrzeuge. Die Mitglieder der Leichtbauplattform forschen und entwickeln bereits für diese Zukunftslösungen. Ein Beispiel ist der Batteriekasten als zentrales Element von E-Fahrzeugen. Dort kommen unterschiedliche Leichtbaulösungen im Multimaterial-Mix in Frage: stahlbasiert, Alu-Guss oder Verbundwerkstoffe.
Ein Beispiel aus der voestalpine ist das Batteriebox-Modulsystem flextric: Es vereint die Eigenschaften Stabilität/Sicherheit und optimiertes Gewicht. Die voestalpine greift dabei auf ihr umfassendes Know-how im Umgang mit dem Werkstoff Stahl zurück und zeigt, was Leichtbau ausmacht: Erstens kommt als Material selbst höchstfester Stahl zum Einsatz, zweitens ist die Konstruktionsweise so gewählt, dass durch die Struktur der Batteriekästen Gewicht eingespart wird – in Summe bis zu 30 Prozent.
Ein Hauptargument für Leichtbau ist die Einsparung von Energie und Rohstoffen – sowohl bei der Herstellung des Produktes als auch bei dessen Nutzung. Dies ist gerade angesichts der aktuellen CO2- bzw. Klimadiskussion von größter Bedeutung. A2LT ist bestrebt, den Green Deal der Europäischen Union nachdrücklich zu unterstützen und die politischen Entscheidungsträger auf diesen Beitrag aufmerksam zu machen.
Vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen bei gleichzeitig weltweit wachsendem Wunsch nach Mobilität, Wohlstand und Komfort ist Leichtbau heute bedeutender denn je und lässt weitere Arbeitsplätze und eine enorme Wertschöpfung erwarten. Mit der Studie „Die ökonomische Bedeutung des Leichtbaus“ wird nicht nur erstmals die wirtschaftliche Dimension von Leichtbau transparent. Als Pilotprojekt ist sie auch eine wichtige Vorarbeit für ein europaweit harmonisiertes Modell, um den Leichtbau als Wirtschaftsfaktor sichtbar zu machen.
Es gibt kaum eine andere Technologie mit vergleichbarer Hebelwirkung: Leichtbau ermöglicht ressourcenschonende Produkte und hat gleichzeitig auch nachweisbare Effekte auf die Volkswirtschaft, wie die Studie gezeigt hat.
Ganz im Sinne von Kreislaufwirtschaft gehen die Anstrengungen im Leichtbau in Richtung „Design for Recycling“. Der Trend geht in Richtung ökologischer Gesamtbetrachtung von Technologien – also von der Erzeugung der Materialien, dem Produkt selbst über den ökologischen Fußabdruck während des Betriebs bis hin zur Recyclingfähigkeit. In einer Gesamtbetrachtung ist Leichtbau daher eine Schlüsseltechnologie, um Nachhaltigkeit zu erreichen.
Im europäischen Projekt DeremCo (De&Remanufacturing for Circular Economy Investments in the Composite Industry) beschäftigt sich die A2LT aktiv mit dem Recycling und End-of-life-Lösungen von faserverstärkte Kunststoffen.
Material und Energie sind knapp. Klimaschutz ist das Gebot der Stunde. Gleichzeitig sollte die Wirtschaft stabil sein und wachsen – auch, um Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen.
Was wäre, wenn wir das alles gleichzeitig angehen könnten? Es geht! Mit der Schlüsseltechnologie Leichtbau. Florian Danmayr spricht mit der Ökonomin Anna Kleissner, die im Auftrag der Leichtbauplattform A2LT eine bemerkenswerte Studie erstellt hat, und mit Stefan Seidel, CTO bei Pankl Racing Systems und Sprecher von A2LT.